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Schweizer Geschichte

Die Helvetier, Rauracher und Bojer

drei keltisch-indoeuropäische Stämme in der Schweiz

   

Herkunft der Kelten

Die Kelten gehören wie die Germanen, Latiner (Römer) und Griechen zur indoeuropäischen Sprach- und Völkerfamilie. Die indoeuropäischen Sprachen und Kulturen zeigen trotz der grossen Distanzen von Westeuropa bis Indien so grosse Ähnlichkeiten untereinander und die Unterschiede zu anderen Sprachfamilien (etwa der mongolischen/fernöstlichen oder der semitischen/nahöstlichen) sind so gross, dass man fast zwingend einen gemeinsamen Ursprung der indoeuropäischen Völker annehmen muss. Beim Versuch, das ursprüngliche Heimatgebiet eines indoeuropäischen "Urvolkes" zu finden, ist die Wissenschaft bisher nicht über zwar einleuchtende, letztlich aber unbewiesene Vermutungen (irgendwo in den Steppen Südrusslands oder im Kaukasus-Gebiet) hinaus gekommen.

Aufgrund alter schriftlicher Berichte und umfangreicher Ausgrabungsfunde kann es dagegen als erwiesen gelten, dass alle indoeuropäischen Völker im Gegensatz etwa zu den eher friedlichen Bauern der Megalith-Kultur Europas eher kriegerisch waren. Sie züchteten schon früh Pferde und massen der Viehwirtschaft eine grosse Bedeutung zu, betrieben aber durchaus auch Ackerbau.

Historisch gesichert ist, dass die indoeuropäisch sprechenden Ionier und Achäer (Griechen) um 1950 v. Chr. von Nordosten her nach Griechenland, die Hethither um 1900 v. Chr. nach Kleinasien (heutige Türkei) und die Arier (ein von den Nazis missbrauchter Name!), die Träger der heute in Indien vorherrschenden Kultur um etwa 1500 v. Chr. über Afghanistan - Pakistan nach Indien vorstiessen und die dort ansässige Bevölkerung unterwarfen. Die Iraner (Perser und Meder) folgten in einer zweiten Wanderungswelle um 840 v. Chr. ins Gebiet des heutigen Iran, während die Latiner nach Italien, die Kelten und etwas später die Germanen und Slawen nach Mitteleuropa zogen.

Die Kelten werden von den Griechen und Römern als grossgewachsen, hellhäutig und blond beschrieben, dazu als streitsüchtig und aufbrausend. Eine Adelsschicht führte die keltischen Stämme, die Priesterschaft der Druiden ("weise Männer") erliess die Gesetze, amtete als Richter und Medizinmänner und führte die religiösen Rituale durch.



Religion der Kelten

Keltische Stammesgottheiten

Während die Bauern der Megalith-Kultur an erster Stelle die grosse Mutter- und Fruchtbarkeitsgöttin (Magna Mater) verehrten, scheint deren Bedeutung in der Eisenzeit deutlich abgenommen zu haben. Jedenfalls gibt es in West- und Mitteleuropa wesentlich weniger eisenzeitliche Funde von Figuren der Magna Mater als aus der vorangehenden Bronzezeit. Bei den Kelten scheinen bei jedem Stamm eigene Stammesgottheiten wichtig gewesen zu sein, Kenntnisse über die damit im Detail verbunden Vorstellungen haben wir aber nicht. Die Helvetier verehrten unter anderen Epona, die Göttin der Pferde.

Druiden

Das Wort Druide setzt sich aus dem keltischen Wort für "stark" oder "super" und dem Wort "sehen" zusammen, bedeutet also "Oberseher". Somit dürften die Hauptaufgaben der Druiden darin bestanden haben, die Zukunft vorherzusehen und die Ursachen von Krankheiten zu ergründen. Damit hatten sie einerseits grossen Einfluss auf die Politik, andererseits versuchten sie als "Medizinmänner" ihre Patienten mit einer Kombinatination von Ritualen (Behandlung der Psyche) und Heilkräutern (Medikamenten) zu heilen. Heute würde man das Grundprinzip ihrer Heilmethode als "ganzheitliche Medizin" bezeichnen, die immer den Körper und die Seele als Ganzheit betrachtet und behandelt.

Da die Druiden davon überzeugt waren, dass ihr Wissen nur im lebendigen Vollzug richtig weiter gegeben werden konnte, schrieben sie nichts davon auf (obwohl die Kelten die griechische Schrift durchaus kannten und auch häufig, z.B. auf Grabinschriften, bei Handelsgeschäften usw. benutzten). Die Druiden gaben ihr Wissen an sorgfältig ausgewählte Schüler weiter. Mit dem Untergang der keltischen Kultur ging dieses weit gehend verloren. Schriftliche Berichte gibt es nur aus griechischen und römischen Quellen, die von Vorurteilen (Kelten = Barbaren) geprägt und somit mit Vorsicht zu geniessen sind. Zuverlässig überlieferte Details kennen wir also heute nicht mehr.

Der keltische Festkalender

Die Feste der Kelten orientierten sich primär am Lauf der Sonne: sie feierten wie alle indoeuropäischen Völker die Sommer- und Wintersonnwende sowie die Tag- und Nachtgleichen im Frühling bzw. Herbst . Eine feinere Unterteilung des Jahres sah zudem Feste an vier Monatsersten vor:


Barbarische Sitten in der Antike: Menschenopfer

Sicher ist jedoch, dass die Sitten rauher als heute waren, dies allerdings nicht nur bei den Kelten und Germanen sondern auch bei den Mittelmeervölkern, die sich soviel auf ihren zivilisatorischen Vorsprung einbildeten. Insbesondere kann hier nicht verschwiegen werden, dass mit einer Ausnahme alle damaligen Völker in Europa und Kleinasien davon überzeugt waren, dass ihre Götter günstig gestimmt werden müssten, indem man Tiere und auch wehrlose Menschen (meist Sklaven oder Kriegsgefangene, manchmal auch Kinder) tötete und so den Göttern "opferte".

Die Zivilisation kommt aus der jüdisch - christlichen Tradition

Durchbrochen wurde diese grausame Form der Religion erstmals von den Hebräern (Juden). Die Priesterschaft am Hof des Königs Salomo (970 - 931 v. Chr) und seiner Nachfolger bekämpfte den phönizischen Baalskult und besonders die damit verbundenen Menschenopfer. Um diese Zeit wurden ältere mündliche Überlieferungen aufgeschrieben: Die ersten Teile der Bibel entstanden. Dass bereits der Stammvater Abraham (um 1850 v. Chr.) zur Einsicht gekommen sei, dass sein Gott von ihm nicht das Opfer seines Sohnes Isaak erwartete (Genesis = 1. Mose, Kapitel 22) lässt sich zwar nicht nachweisen, um 950 v. Chr. war diese Einsicht allerdings noch immer einzigartig und revolutionär! Um 750 v. Chr. ging der Prophet Amos in Israel noch viel weiter und verkündete folgenden Spruch Gottes:

Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie und kann eure Feiern nicht riechen. Wenn Ihr mir Brandopfer darbringt, ich habe kein Gefallen an euren Gaben, und eure fetten Heilsopfer will ich nicht sehen. Weg mit dem Lärm deiner Lieder! Dein Harfenspiel will ich nicht hören, sondern das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

Solche Einsichten erreichten unsere Breitengrade leider erst mit der Christianisierung ab rund 100 n. Chr., also mit mindestens 1000 Jahren Verspätung, und es dauerte noch einmal beinahe 2000 Jahre, bis (gleiches) Recht (für alle) und (soziale) Gerechtigkeit in Westeuropa Tatsachen wurden. Europa verdankt die humanistische ("menschenfreundliche") Grundlage seiner Kultur, auf die wir mit Recht stolz sind, somit nicht eigener Tradition, sondern fremden Einflüssen. Umgekehrt stellt der Versuch der Nazis, zu vorchristlichen Wurzeln zurückzukehren, den grössten Rückschritt in der Geschichte Europas dar und führte zur grössten Barbarei der Weltgeschichte.



Keltische Bräuche und Gesellschaftsordnung

Hochstehende Toilettenkultur der Kelten

Da die Kelten selbst kaum etwas über ihre Sitten und Bräuche aufschrieben, ist es schwierig, darüber gesicherte Aussagen zu machen. Belegt ist, dass sie sehr reinlich waren und ebenso wie die Germanen Seife benutzten. Wer die Seife erfunden hat, ist dagegen umstritten. Funde von Scheren, Rasiermessern, Kämmen, Ohrlöffelchen, Pinzetten, Spiegeln, Steckkämmen und Klappmessern für das Necessaire belegen die hohe Toilettenkultur der Kelten. Nach dem griechischen Geschichtsschreiber Diodor, der in Rom lebte, rasierten die Kelten den Backenbart, liessen aber den Schnurrbart wachsen, "so dass er den Mund bedeckt". Sie sollen auch die Haare gebleicht haben.


Sippen in starker Konkurrenz

Eine keltische Familie setzte sich aus mehreren Generationen zusammen, mehrere Familien bildeten mit ihren Hörigen und Leibeigenen (Sklaven) eine Sippe. Das Ansehen der Sippe bemass sich am gemeinsamen Grund-, Sklaven- und Viehbesitz. Mehrere Sippen bildeten einen Gau, mehrere Gaue einen Stamm. Die Sippen und Stämme standen untereinander in einem starken Konkurrenzverhältnis, zu einer eigentlichen keltischen Staatenbildung kam es mit einer Ausnahme in Kleinasien nie.


König nur für Aussenpolitik

Der Fürst oder König war nicht wie in anderen Kulturen Heerführer, Gesetzgeber und Richter, sondern nur für die "Aussenpolitik" (mit diplomatischen und militärischen Mitteln) zuständig. Er hatte jedoch die Macht, den einzelnen Sippen Land zuzuteilen und konnte im Gegenzug bei Bedarf Kriegsdienstleistungen von den Sippen erwarten. Das Königsamt war nicht erblich, wer dazu gewählt werden wollte, musste aber einer königlichen Sippe entstammen.


Die Stellung der Frau bei den Kelten

Einige Quellen bezeichnen die keltischen Frauen als Amazonen, die ebenso stark und kriegstüchtig gewesen sein sollen wie die Männer. Die Grabfunde in der Schweiz scheinen solche Berichte allerdings nicht zu bestätigen: Während vornehme Männer mit ihren Waffen beerdigt wurden, finden sich in Frauengräbern reiche Schmuckbeigaben. Wichtigste Schmuckstücke sind goldene und silberne Halsringe mit raffinierten Verschlüssen, sowie Arm- und Fussspangen.

Immerhin scheinen die Frauen bei den Kelten wesentlich mehr Rechte als bei den Germanen und Römern gehabt zu haben. Witwen oder Töchter von Fürsten konnten die Nachfolge antreten. Frauen hatten Mitspracherecht bei Zwistigkeiten und beim Entscheid über Krieg und Frieden und konnten sich ihren Gatten frei wählen.



Die Kelten im eisenzeitlichen Europa

Eisenverarbeitung in der Hallstatt-Kultur (ältere Eisenzeit)

Die Eisenverarbeitung kam um 800 v. Chr. auf. Nach einem Gräberfeld bei Hallstatt im Salzkammergut (Österreich) wird die erste Periode der Eisenzeit als Hallstattkultur bezeichnet. Eine weitere wichtige Errungenschaft war der Salzbergbau. Keltische Stämme waren die Träger der Hallstatt - Kultur.

Das Eisenerz wurde zerkleinert, mit Kohle vermischt und in Öfen verhüttet, die in den Boden eingelassen und mit Steinen und Lehm ausgekleidet waren. Nach mehreren Stunden erreichte man die notwendigen Temperaturen von 800 - 1000 °C, das Eisen schmolz und sammelte sich in Klumpen auf dem Boden. Diese wurden nochmals erhitzt und in Barrenform gehandelt. Komplizierte Gegenstände (z.B. ein in Estavayer-le-Lac FR gefundener Dolch) wurden durch Verlöten von Einzelteilen gefertigt. Die Klingen wurden durch nachträgliches Aufglühen im Holzkohlenfeuer gehärtet und dann geschliffen. Räder wurden mit Eisen beschlagen.

Klimaverschlechterung

Um 800 v. Chr. setzte eine Klimaverschlechterung ein: mehr Niederschlag führte zur Überflutung der Seeufer, die Siedlungen wurden bevorzugt auf Anhöhen und Kuppen verlagert und nicht selten befestigt. Die neuen Blockhäuser hatten Fundamente aus Trockenmauern. Kälte, Sturmfluten und Meereseinbrüche bedrängten die ebenfalls indoeuropäischen Germanen, die nach Nordeuropa eingewandert waren. Die Germanen drangen in einer ersten Welle um 800 v. Chr. südwärts bis zum Rhein vor, die Kelten wichen einerseits nach Südfrankreich und Spanien, andererseits auf die britischen Inseln aus, wo sich keltische Dialekte (gälisch, walisisch, irisch) bis heute erhalten haben. Die keltischen Helveter im Gebiet der Schweiz gehörten also zu einem Volk, dessen Siedlungsgebiet sich über ganz Westeuropa bis an die Alpen (von Nordwesten) und an den Rhein (von Südwesten) erstreckte. Das Zentrum lag im heutigen Frankreich, das die Römer als Gallien bezeichneten.


Bauern und Handwerker

Grundlage der eigenständigen Kultur der Kelten waren Fortschritte in der Landwirtschaft: Sie erfanden die schwere eiserne Pflugschar, Sense und Sichel sowie die Düngung mit Mergel und bauten Dinkel (Urweizen), Weizen, Hirse, Gerste, Hafer, Roggen, Flachs, Hanf, Mohn, Saubohnen, Erbsen, Linsen und Rüben an. Aus Hirse, Weizen oder Gerste und bitteren Kräutern, dafür ohne Hopfen brauten sie Bier. Nach wie vor lag das Hauptgewicht der keltischen Landwirtschaft aber auf der Viehzucht: Sie hielten grosse Herden von Schweinen, Ziegen, Schafen und vor allem Rindern und betrieben Milchwirtschaft. Die Jagd spielte nur noch eine unbedeutende wirtschaftliche Rolle.

Die Kelten benützen die Töpferscheibe (die sie allerdings wohl nicht selbst erfunden haben). Schafe wurden mit Eisenscheren geschoren, die Wolle wurde gesponnen, gefärbt, und daraus an bunte und lebhaft gemusterte Wollstoffe gewoben, die bereits an die bis heute bekannten "Schottenmuster" erinnern. Ärmellose Röcke und Mäntel wurden nun mit Fibeln (grossen, zum Teil reich verzierten Sicherheitsnadeln) statt mit einfachen Nadeln zusammengehalten. Die Männer trugen stets Hosen und ebenfalls bunt gemusterte Leibröcke.


Blühender Handel

Die Griechen waren um 700 v. Chr. die führende Macht am Mittelmeer, sie errichteten Kolonien als Handelsstützpunkte. Seit etwa 600 v. Chr. trieben Kelten mit griechischen Kolonien in Südfrankreich (Massilia = Marseille) und Süditalien sowie mit den Etruskern in Nord- und Mittelitalien einen regen Handel. Keltische Goldschmiede stellten feinsten Gold- und Silberschmuck her, das Gold wurde in mühsamer Arbeit aus dem Ufersand des Rheins herausgewaschen. Die Kelten exportierten auch Getreide, Fleischwaren (Schinken, Speck, Rauchfleisch), und Sklaven.

Umgekehrt importierten die Helvetier aus dem Mittelmeerraum Luxusgüter: Schwarze, mit Figuren bemalte keramische Trinkschalen aus Griechenland, bronzenes Geschirr von den Etruskern, grosse kunstvoll verzierte Gefässe zum Mischen von Wein mit Wasser und Gewürzen (Myhrrhen, Wermut und Honig) - und natürlich eben diese Zutaten selbst. Weiter erlesene Textilien, Goldschmuck, ägyptisches Parfum in zarten Glasfläschchen. Von den Griechen übernahmen die Kelten gewisse Verzierungen und Muster, die griechischen Schriftzeichen und Münzen (nur für den Gebrauch im Fernhandel, zuhause wurde der Tauschhandel lange beibehalten). Selbst die von Kelten ab Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. selbst geprägten Münzen waren Nachahmungen griechischer und später römischer Vorbilder.


Die La Tène-Kultur (jüngere Eisenzeit)

Zwischen 500 v. Chr. und 400 v. Chr. siedelten im Gebiet zwischen Bodensee, Rhein, Genfersee und Alpen verschiedene namentlich bekannte keltische und andere Stämme:

Die Kulturperiode der späten Eisenzeit ab ca. 500 v. Chr. wird nach einem Fundort am Ausfluss der Zihl aus dem Neuenburgersee (Schweiz) La Tène - Kultur genannt. Sie erreichte ihre Blütezeit um 400 v. Chr. Die Motive auf Töpferwaren und Metallgegenständen sind vielfältig: Menschen-, Tier- und Pflanzenmotive sind ebenso zu finden wie geometrische Muster, beliebt waren besonders endlos d.h. unendlich wirkende Schlangenlinien. Farbige Emaileinlagen und Korallenauflagen verfeinerten manches schöne Stück. Der Goldschatz von Erstfeld wurde 1962 gefunden und ist im Schweizerischen Landesmuseum zu besichtigen. Ab 270 bis zum Ende der Epoche um 15 v. Chr. wichen die reichen Dekorationen mehr und mehr einer nüchternen Sachlichkeit und Zweckmässigkeit, was mindestens zum Teil auch auf rationelle, schon fast industrielle Methoden zur Serienproduktion zurück zu führen ist.

Musikinstrumente der Kelten und Barden

Die Hauptinstrumente der antiken Kelten waren Carynx und Leier. Die Harfe, die in der modernen neu-keltischen Musik eine wichtige Rolle spielt, kam bei den Kelten auf den britischen Inseln erst später auf. Barden, also "Liedermacher" oder Balladensänger gibt es nicht nur bei Asterix und Obelix, sie sind auch aus antiken Quellen bezeugt.



Kriegerische Ausdehnung, Raubzüge und römischer Gegenangriff

Keltische Vorstösse nach Italien, Spanien und Kleinasien

In der Periode von 400 v. Chr. bis 280. v. Chr. begannen die Kelten erneut zu wandern. Um 390 v. Chr überquerten die Bojer unter ihrem Fürst Brennus die Alpen, eroberten die Etruskerstadt Felsina, bauten sie als Bononia (Bologna) aus und stiessen 387 v. Chr. bis nach Rom vor, das sie plünderten und zerstörten. Andere Stämme überquerten die Pyrenäen und drangen nach Spanien vor. Um 275 v. Chr. gelangten keltische Stämme bis nach Griechenland und Kleinasien. Die aus der Bibel von der Apostelgeschichte und den Briefen des Apostels Paulus her bekannten Galater sind Nachfahren dieser Kelten, die von den Griechen keltoi oder eben galatoi (Gallier) genannt wurden.

Das Oppidum: Befestigte Siedlung der Kelten

Die Helvetier wurden wie die Kelten in Frankreich ständig durch Überfälle von Germanen bedroht, die südwärts drängten. Ab ca. 150 v. Chr. bauten die Kelten grössere befestigte Siedlungen (Oppida) auf Hügeln, mit dicken mehrschaligen Mauern aus Balken, Lehm und Steinen, die selbst den Römern mit ihrer weit entwickelten Baukunst einigen Respekt abnötigten. Ortsnamen, die auf -dunum (keltisch: Zaun), -magus (Feld) und -briga (Hügel) enden, gehen auf die Kelten zurück, z.B. Minnodunum = Moudon (VD), Eburodunum = Yverdon (VD), Uromagus = Oron-la-Ville (VD), Brig (VS).

Erstarken der Römer

Die Römer lebten nach der Gründung ihrer Stadt 753 v. Chr. mehrere Jahrhunderte unter etruskischen Königen. Nach zahllosen Kriegen in Italien und jahrzehntelangem Kampf mit der Phönizier - Kolonie Karthago (beim heutigen Tunis in Tunesien) erlangten sie 202 v. Chr. die Vorherrschaft über Italien, Südfrankreich, Spanien und über die Seefahrt im Mittelmeer. Bis 146 v. Chr. (Zerstörung Karthagos) dehnten die Römer ihren Einfluss vor allem im Osten aus. 121 v. Chr. eroberten sie das Gebiet der Allobroger am Genfersee und zwangen sie zum einem Bündnis (foedus): Keltische und später auch germanische Stämme wurden mit (wenig) Zuckerbrot und (viel) Peitsche gezwungen, gegenüber nachdrängenden keltischen und germanischen Stämmen Puffer zu spielen.



Auszug der Helvetier: Divico und Orgetorix

Divico mit Kimbern und Teutonen in Südfrankreich

In dieser Situation zogen junge Helvetier aus dem Stamm der Tiguriner ab 111 v. Chr. zusammen mit germanischen Kimbern und Teutonen, die ab 120 v. Chr. aus Jütland (Dänemark) ausgewandert waren, nach Südfrankreich. Zunächst mussten die Römer verschiedene Niederlagen einstecken, unter anderem 107 v. Chr. gegen die Tiguriner unter ihrem jungen Anführer Divico an der Garonne bei Toulouse (Südfrankreich). Divico schickte die besiegten römischen Soldaten unter einem Joch durch - eine Schmach, die ihm die Römer nie vergessen haben! Ab 101 v. Chr. wendete sich das Blatt: Die Römer schlugen die Kimbern und Teutonen vernichtend und rückten nach Norden vor. Um 100 v. Chr. siedelten die Tiguriner südlich des Neuenburgersees bei Aventicum (Avenches VD).


Orgetorix und der Auszug der Helvetier

Doch der germanische Druck nahm weiter zu. So beschlossen die verschiedenen Stämme der Helvetier um 61 v. Chr. auf Drängen des einflussreichen Adligen Orgetorix [keltisch = König der Totschläger], aus der Schweiz nach Südfrankreich auszuwandern. Orgetorix geriet allerdings in Verdacht, nach einer Alleinherrschaft über die Helvetier zu streben und wurde 60 v. Chr. ermordet. Trotzdem hielten die Helvetier an der beschlossenen Auswanderung fest, verbrannten ihre Häuser und Vorräte, die sie nicht mitnehmen konnten und so brachen im Frühling 58 v. Chr. unter Führung des mittlerweile greisen Divico 263'000 Helvetier, 36'000 Tulinger, 32'000 Bojer, 23'000 Rauraker und 14'000 Latoviker nach Gallien (Frankreich) auf.

Niederlage der Helvetier in der Schlacht bei Bibracte

Der römische Feldherr und spätere Militärdiktator Gaius Julius Cäsar (dessen Zuname "Cäsar" zur Amtsbezeichnung "Kaiser" seiner Nachfolger wurde) liess die Rhônebrücke bei Genf zerstören, zwang die Helvetier zu einem Umweg über den Jura und hielt sie anschliessend mit Verhandlungen hin, bis seine Reservetruppen eingetroffen waren. Bei Bibracte (Montmort beim heutigen Autun, Burgund, F), der Hauptstadt der mit den Römern verbündeten Häduer, griffen Cäsars Truppen an und schlugen die Helvetier vernichtend. Cäsar verkaufte Tausende von Kriegsgefangenen nach damaliger Sitte als Sklaven und zwang 110'000 Überlebende zur Rückkehr in ihre Heimat in der Schweiz.

Die Kelten und Germanen dieser Zeit waren rauhe, gnaden- und furchtlose Krieger, suchten den offenen Kampf und hielten sich im übrigen an einen gewissen Ehrenkodex oder so etwas wie ein "ungeschriebenes Völkerrecht". So respektierten sie z.B. den Grundsatz, dass Gesandte einer gegnerischen Verhandlungsdelegation nicht festgehalten oder gar getötet werden dürfen (heute sagt man dem diplomatische Immunität). Anders die Römer, insbesondere Julius Cäsar: List, Betrug, Vertragsbruch, taktisches Hinhalten des Gegners mit scheinbarer Verhandlungsbereitschaft, nur um Zeit für den Aufmarsch der eigenen Truppen zu gewinnen: das alles hielten sie im Kampf gegen die "Barbaren" für durchaus legitim.



Literatur und Links zur Schweizer Geschichte zur Zeit der Helvetier (Eisenzeit):



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