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Schweizer Geschichte

Kulturkampf:

Ausbau der direkten Demokratie

statt
Rückkehr ins "christliche" Mittelalter

   

Das 19. Jahrhundert war in ganz Europa geprägt von der Auseinandersetzung zwischen den freiheitlich - demokratischen Kräften und den konservativen Anhängern der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung. In der Schweiz hatte sich nach dem von den Konservativen angezettelten Sonderbundskrieg mit der Bundesverfassung von 1848 das demokratische Prinzip zwar endgültig durchgesetzt, die Gegensätze blieben jedoch weiterhin bestehen und man musste vor allem zunächst praktische Erfahrungen mit der neuen Staatform sammeln. Interessanterweise führte nicht zuletzt der Widerstand konservativer Kreise gegen die Konzentration der gesellschaftlichen (politischen und wirtschaftlichen Macht) in den Händen der Freisinnigen zu den typisch schweizerischen Verfeinerungen des demokratischen Systems ("Direkte Demokratie") und damit zur inneren Stabilisierung der neuen demokratischen Grundordnung. Die hohen Amtsträger der katholischen Kirche (Papst und Bischöfe) versuchten verzweifelt, das Rad der Geschichte zurück zu drehen, bewirkten aber mit ihrer Einmischung in die Politik sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland (das immer noch eine Monarchie war) nur eine Stärkung der fortschrittlichen Kräfte.

Die Herrschaft des Freisinns

Die ersten Wahlen brachten einen überwältigenden Sieg für die Liberalen und Radikalen, die Vorläufer der heutigen Freisinnig - Demokratischen Partei (FDP). Sie eroberten 87 der 111 Sitze im Nationalrat und 30 der 44 Sitze im Ständerat. Die Konservativen erreichten dagegen nur 14 Nationalratssitze (wovon 5 reformiert - konservative und 9 katholisch - konservative) und 6 Ständeratssitze. Dies bedeutet, dass selbst in der Zentralschweiz einige Sitze an die Liberalen gingen. In den Sonderbundskantonen Fribourg und Wallis kamen bis 1856/57 sogar liberale Kantonsregierungen an die Macht.


Der Verzicht Preussens auf Neuenburg

Neuenburg - seit der Restauration von 1815 in einer sonderbaren Doppelrolle als preussisches Fürstentum und Schweizer Kanton - löste 1848 durch einen Putsch republikanischer Revolutionäre seine Beziehungen zum König von Preussen einseitig auf. Dieser konnte, angesichts der revolutionären Stimmung im eigenen Land nicht intervenieren. Die Schweizerische Bundesverfassung von 1848 sah vor, dass nur republikanische [nicht von einem Adligen regierte] Kantone Teil der Schweiz sein können und stellte sich somit hinter den Putsch. Erst 1857 gab der preussische König seine Versuche auf, Neuenburg zurück zu gewinnen, nachdem es noch 1856 zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Royalisten [Anhängern des Königs] und Republikanern gekommen war.



Die Genfer Konventionen und das Rote Kreuz (IKRK)

Rotes Kreuz Im Krieg zwischen Österreich, Sardinien und Frankreich 1859 verhielt sich die Schweiz neutral. Bei Solferino stiessen 160'000 Österreicher auf 150'000 Franzosen und Sardinier. Auf dem Schlachtfeld blieben unzählige Verwundete zurück, um die sich niemand kümmerte. Ihr Anblick liess dem Genfer Kaufmann Henri Dunant (1828 - 1910) keine Ruhe mehr, 1862 schilderte er seine Eindrücke in einem Buch, das starke Beachtung fand. Zusammen mit dem Schweizer General Dufour und drei weiteren Persönlichkeiten gründete ein Komittee, aus dem das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK, engl. ICRC) hervorging. Es bewegte er den Bundesrat, eine internationale Konferenz einzuberufen. 1864 unterzeichneten 12 Teilnehmerstaaten eine Konvention [Übereinkunft] zur Milderung der "vom Krieg unzertrennlichen Übel". Als 1901 der erste Friedensnobelpreis vergeben wurde, fiel die Wahl auf Henri Dunant.

Die Genfer Konvention, der bis 1868 alle europäischen Staaten bis heute die grosse Mehrheit aller Staaten weltweit beitraten, sieht unter anderem vor:

Das IKRK versucht mit diplomatischen Mitteln die Einhaltung der Genfer Konvention in Krisengebieten zu erreichen und Kriegsgefangene zu besuchen.



Demokratische Verfassungsrevisionen

Die Verfilzung zwischen Wirtschaft und Politik ist keine neue Erscheinung. Schon im 19. Jahrhundert gab es einflussreiche Personen aus der Wirtschaft, die im Hintergrund auch geschickt die Fäden in der Politik zogen. Ein wahrer Meister darin war der "Eisenbahnkönig" und Bank- und Versicherungsgründer Alfred Escher. Dies rief eine demokratische Opposition auf den Plan. 1865 wurde in einer Teilrevision der Zürcher Verfassung die Volksinitiative (10'000 Stimmberechtigte können eine Abstimmung über eine Verfassungsänderung verlangen) eingeführt, 1869 in einer Totalrevision das obligatorische Referendum [Volksabtimmung] über alle Verfassungsänderungen und Gesetze. Dazu kamen die Volkswahl von Kantonsrat und Regierungsrat, die Abschaffung von lebenslänglich gesicherten Beamtenstellungen und eine progressive Besteuerung von Einkommen und Vermögen [d.h. Reiche zahlen einen höheren Prozentsatz an Steuern als Arme]. Auch der Thurgau gab sich eine demokratische Verfassung, in Bern und Solohurn wurde das obligatorische und in Luzern das fakultative [im Einzelfall durch eine Unterschriftensammlung zu verlangende] Referendum eingeführt.

In der ersten Teilrevision der Bundesverfassung von 1848 wurde 1866 nur einer von 9 Vorschlägen in der Volksabstimmung angenommen: die jüdischen Einwohner wurden bei der Niederlassungsfreiheit den übrigen Bürgern gleichgestellt. Nach den Erfolgen in Zürich und im Thurgau forderten die Demokraten eine Totalrevision der Bundesverfassung, sie erweiterten die zentralistischen Forderungen der Radikalen um einige soziale Anliegen. Die von Alfred Escher angeführten Liberalen wollten sich dagegen höchstens auf eine kosmetische Teilrevision einlassen.



Der Kulturkampf

Der Kulturkampf zwischen den Radikalen und der katholischen Kirche begann ausgerechnet in zwei katholischen Kantonen: Im Tessin wies die radikale Regierung 22 lombardische Kapuzinermönche aus und in Fribourg verwies die radikale Regierung 1853 nach einem Putschversuch konservativer Kreise den Bischof des Landes. In Fribourg führte das rabiate Vorgehen zu vorgezogenen Neuwahlen mit einem erdrutschartigen Sieg (64 von 67 Sitzen) der Konservativen und zu einer neuen, konservativen Verfassung.

Unter Papst Pius IX. (1846 - 1878) kämpfte die katholische Kirche mit allen Mitteln gegen den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts, der ihr überkommenes Selbstverständnis in den Grundfesten erschütterte:

Mit dem Dogma [verbindlicher kirchlicher Lehrsatz] von der Unbefleckten Empfängnis Mariae betonte Papst Pius IX. 1854 noch einmal trotzig den Vorrang des Irrationalen (der "positiven" Wissenschaft nicht zugänglichen) vor den materiell fassbaren Erkenntnissen.

Die Reaktion in der Schweiz war nicht spektakulär, aber langfristig wirksam: Die vierte Verfassung des Kantons St. Gallen hob 1861 die Schulhoheit der Kirchen auf und machte das Schulwesen zur Aufgabe des Staates. Zwar konnten die konfessionellen Primarschulen [Grundschulen] in den Gemeinden fortbestehen, sie wurden aber von einem paritätischen [aus katholischen und reformierten Vertretern zusammen gesetzten] Erziehungsrat kontrolliert. Gleichzeitig wurde den Kirchen in ihren eigenen Belangen aber vermehrte Selbstständigkeit gewährt. Auch St. Gallen führte das fakultative Referendum ein.

Papst Pius IX. wollte 1865 Genf vom Bistum [von einem Bischof geleitete kirchliche Organisationseinheit] "Lausanne und Genf" abtrennen und ernannte den Genfer Stadtpfarrer Mermillod zum Bischof von Genf. Dabei hielt er es nicht für nötig, vorab die Genfer Regierung zu konsultieren. Diese fasste die Ernennung als Provokation auf und verweigerte Mermillod die Anerkennung.

Das Unfehlbarkeitsdogma des 1. Vatikanischen Konzils

Das Erste Vatikanische Konzil [Bischofsversammlung] beschloss 1871 wider besseres Wissen das Dogma [verbindlicher kirchlicher Lehrsatz] von der Unfehlbarkeit des Papstes [will sagen: der Papst könne sich nicht irren, wenn er eine "Glaubenswahrheit" als Amtsperson verkünde], obwohl bei genauem Studium der Sammlung kirchlicher Dogmen (siehe Denzinger: Enchiridion Symbolorum) Beispiele zu finden sind, wo ein Papst Entscheide eines Vorgängers, die in der selben Sammlung enthalten sind, als Irrlehre bezeichnet.

In der Schweiz stellten sich die Bischöfe Lachat (Basel) und Mermillod (Genf) öffentlich hinter das Dogma. Daraufhin verbot die Genfer Regierung Mermillod 1872 die Tätigkeit als Bischof. Das Bistum Lausanne und Genf ist infolge dieses staatlichen Eingriffs bis heute vereint geblieben.

Im Bistum Basel (es umfasste die Kantone BE, LU, ZG, SO, SH, AG, TG, BS und BL) traten gemäss "Chronik der Schweiz" die Hälfte der rund 412'000 Katholiken aus der römisch - katholischen Kirche aus, wovon sich aber nur 73'000 der Christkatholischen (Altkatholischen) Kirche anschlossen, die sich in der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland aus Protest gegen das Unfehlbarkeitsdogma von der Papstkirche abgespalten hatte. Bischof Lachat ging mit Exkommunikationen [Ausschluss aus der Kirche] gegen Priester vor, die sich dem Dogma widersetzten, worauf ihn die Kantonsregierungen für abgesetzt erklärten. Dagegen protestierten 97 katholische Pfarrer aus dem Berner Jura (heute: Kanton Jura), dem Stammgebiet des früheren Fürstbistums Basel. Sie wurden ihres Amtes enthoben und durch altkatholische Priester ersetzt, 84 von ihnen wurden zudem des Landes verwiesen.

In Deutschland befürchtete der preussische Ministerpräsident und Reichskanzler Otto v. Bismarck des nach dem deutsch - französischen Krieg (1870 - 1871) neu geeinten Deutschen Reiches wegen des Unfehlbarkeitsdogmas eine Allianz [Bündnis] der katholischen Staaten gegen das Deutsche Reich und führte einen erbitterten, letztlich aber erfolglosen Kampf gegen die Kirche: Viele katholische Geistliche, selbst Bischöfe wurden wegen ihrer politischen Haltung ins Gefängnis gesteckt. Die staatlich geförderte Altkatholische (Christkatholische) Kirche, die das Unfehlbarkeitsdogma ablehnte, fand wohl nicht zuletzt wegen der polizeistaatlichen Methoden Bismarcks kaum Anhänger. Ab 1878 musste Bismarck die Massnahmen eine nach der anderen zurücknehmen.


Der Deutsch - Französische Krieg (1870 - 1871)

Der Kampf um die Vorherrschaft in Europa zwischen dem französischen Kaiser Napoleon III. und dem preussischen König Wilhelm I. mit seinem Ministerpräsidenten Otto v. Bismarck führte zur Kriegserklärung durch Frankreich. Die süddeutschen Staaten solidarisierten sich mit Preussen, Frankreich verlor Schlacht um Schlacht. Die Schweiz erklärte ihre bewaffnete Neutralität. Bourbaki-Panorama, Luzern,
Foto © 2002 M. Jud Anfangs 1871 wurde die franz. Ostarmee unter General Bourbaki nahe der Schweizer Grenze von deutschen Truppen eingekreist. Um unnötiges Blutvergiessen und die Kriegsgefangenschaft zu vermeiden, handelte Bourbakis Stellvertreter mit der Schweiz die Internierung der Ostarmee aus: Die Franzosen wurde in der Schweiz in Lagern untergebracht, ihre Waffen und Ausrüstung lieferten sie an der Grenze ab (das Ereignis ist im Bourbaki - Panorama Luzern auf einem 110 m langen Rundgemälde dargestellt) .

Frankreich zahlte nach Kriegsende der Schweiz eine Entschädigung von 12 Mio. Franken. Der deutsche Sieg brachte Deutschland die nationale Einigung unter preussischer Führung (Kaiserkrönung Wilhelms I.). Das Elsass wurde bis nach dem 1. Weltkrieg (1914 - 1918) deutsch. Die franz. Entschädigung von 5 Mia. Francs an Deutschland belebte auch in der Schweiz Handel und Industrie. In Frankreich machte die Niederlage den Weg frei für die endgültige Einführung der Demokratie ("Dritte Republik" 1875).



Die Totalrevision der Bundesverfassung (1874)

Zentralisierung und Volksrechte

Die Bestrebungen zur Totalrevision der Bundesverfassungen wurden nach einem Unterbruch durch den deutsch - franz. Krieg wieder aufgenommen. Sie standen im Zeichen einer weiter gehenden Zentralisierung und Stärkung der Bundeskompetenzen (so beim Militär, in der Eisenbahngesetzgebung und bei den Zollerträgen, der Arbeitsgesetzgebung, beim Erlass von Vorschriften im Handelsrecht und beim Bundesgericht, das 1874 einen ständigen Sitz in Lausanne erhielt), teilweise auch bloss Vereinheitlichung (so im Schulwesen, wo die unentgeltliche Primarschule [Grundschule] in der ganzen Schweiz obligatorisch wurde, aber von den Kantonen unter Wahrung der Glaubens- und Gewissensfreiheit selbst ausgestaltet werden kann und bei der Verankerung der Gewerbefreiheit, ). Nachdem in einigen Kantonen das Referendum bereits eingeführt war und sich bewährt hatte, wurden dieses Instrumente der direkten Demokratie auch auf Bundesebene eingeführt. Zudem erhielt jeder Bürger bei einer Niederlassung in einem anderen Kanton nach 3 Monaten das Stimm- und Wahlrecht in Kantons- und Gemeindeangelegenheiten. Diese Bestimmung kam vor allem den "Auswanderern" aus der katholischen Zentralschweiz zugute, die sich in den bis dahin reformierten, stark industrialisierten städtischen Agglomerationen des Mittellandes (Zürich, Basel, Bern) niederliessen.

Die Volksabstimmung über die Totalrevision von 1874

Die revidierte Verfassung wurde mit grossem Volksmehr (340'199 (63%) zu 198'013 Stimmen) 1874 angenommen, allerdings lehnte eine knappe Mehrheit der Bevölkerung der ehemaligen Sonderbundskantone (LU, UR, SZ, OW, NW, ZG, FR, VS) sowie AI die Revision ab.

Die konfessionellen Ausnahmeartikel

Der Kulturkampf hinterliess seine Spuren: Die Feststellung des Zivilstandes und die Eheschliessung, bislang Aufgaben der Pfarrer, wurden in Artikel 53 und Artikel 54 zur Staatsangelegenheit erklärt, was einer massiven Einschränkung der kirchlichen Kontrolle über den Lebenswandel der Bürger gleichkam. In Artikel 50 erhielt der Bund die Kompetenz, "gegen Eingriffe kirchlicher Behörden in die Rechte der Bürger und des Staates die geeigneten Massnahmen zu treffen". Zudem unterliegt die Errichtung von neuen Bistümern [von einem Bischof geleitete regionale Organisationseinheit der katholischen Kirche] der Genehmigung des Bundes. In Artikel 51 wurde dem als besonders papsttreu geltenden Jesuitenorden jegliche Tätigkeit in der Schweiz verboten und in Artikel 52 "die Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster oder religiöser Orden" verboten. Die Artikel 51 und 52 wurden 1973 nach einem immer noch recht emotional geführten Abstimmungskampf aufgehoben, der Bistumsabsatz in Artikel 50 erst 2001.
Quelltext Text der konfessionellen Ausnahmeartikel der Bundesverfassung von 1874


Vereinheitlichung des Rechts

Ein Versuch, das Schulwesen zu vereinheitlichen, wurde 1882 mit 65 % Nein - Stimmen wuchtig verworfen. Dagegen konnte 1883 das einheitliche Obligationenrecht (OR) [Schuld- Vertrags- und Handelsrecht] in Kraft treten. Seit 1912 ist mit dem Zivilgesetzbuch (ZGB) auch das Ehe- Erb- und Sachenrecht vereinheitlicht. Das Eherecht wurde 1985 total revidiert und den modernen Vorstellungen von einer gleichberechtigten Partnerschaft der Eheleute angepasst.

Die Universitäten Fribourg, Lausanne und Neuenburg

1889 beschloss der Fribourger Grosse Rat, die 1673 von den Jesuiten gegründete Rechtsschule zu einer Universität mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunkt auszubauen. Damit sollte ein Gegengewicht zu den liberal ausgerichteten Universitäten Basel, Zürich, Bern und Genf geschaffen werden. In Lausanne wurde die 1537 gegründete Akademie 1890 zu einer Universität aufgewertet, in Neuenburg war die dortige Akademie bereits 1866 zur Universität erweitert worden.



Proporzwahl und Volksinitiative

Revolution im Tessin, Proporzwahl

Die Grossratswahlen von 1889 brachten den Konservativen im Tessin bei einem Stimmenanteil von lediglich 51,5 % dank des Majorzsystems [die Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl sind gewählt] rund zwei Drittel der Sitze. Die konservative Regierung verhinderte die Abstimmung über eine Reforminitiative. Daraufhin kam es 1890 zu einer bewaffneten Revolution, bei der ein Regierungsmitglied erschossen und der Regierunspräsident gefangen genommen wurde. Eine Interventionstruppe des Bundes stellte die Ordnung wieder her und erreichte eine notdürftige Versöhnung der Parteien. Zwei Verfassungsrevisionen 1891 und 1892 brachten eine neue Wahlkreiseinteilung und die Proporzwahl [Sitzverteilung nach Parteistärke] für den Grossen Rat. Auch im Kanton Neuenburg wurde 1891 der Proporz bei den Grossratswahlen eingeführt.

Hatten im Tessin die Radikalen den Proporz gefordert, so waren es in Neuenburg und auf Bundesebene umgekehrt gerade die Konservativen. Die Unruhen im Tessin überschatteten die Wahlen von 1890 und der Streit um die Proporzwahl drängte die wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen in den Hintergrund.

Proporzwahl auf Bundesebene

Auf Bundesebene scheiterten mehrere Anläufe, das Proporzwahlverfahren bei den Nationalratswahlen einzuführen, so 1900 und 1910 in der Volksabstimmung. Erst 1918 wurde eine entsprechende Volksinitiative angenommen. Damit war auch das Ende der freisinnigen Mehrheit besiegelt: bei den ersten Nationalratswahlen nach dem Proporz 1919 erhielten die FDP noch 63 von damals 189 Sitzen (Katholisch Konservative und Sozialdemokraten je 41, die neuen Parteien BGB [Bauern- Gewerbe- und Bürgerpartei, heute SVP] 25, die LPS [Liberaldemokratische Partei] 9, die Demokratische Partei 7 und weitere 3).

Der Weg zur Mehrparteienregierung

Im Dezember 1891 wurde nach dem Rücktritt von Bundesrat Emil Welti (AG) mit Joseph Zemp (LU) erstmals ein Konservativer in den Bundesrat gewählt. Damit endete die Alleinherrschaft der Freisinnigen (Liberalen und Radikalen) im Bundesrat und die konservative Minderheit (Katholisch Konservative Partei KK, heute Christlichdemokratische Volkspartei CVP) wurde in die Regierungsverantwortung eingebunden. Allerdings führte dies auch zur Spaltung zwischen eher aufgeschlossenen katholischen Politikern um Zemp und extrem konservativen Splittergruppen. Der Versuch Zemps, eine überkonfessionelle konservative Partei ("Konservative Union", 1881) zu gründen, war am Widerstand der streng auf die katholische Konfession ausgerichteten Fribourger Konservativen gescheitert.

1894 schlossen sich liberale, radikale und demokratische Gruppierungen aus 18 Kantonen zur Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) zusammen. Der Freisinn hatte damit auch bei der inneren Organisation die Nase noch einmal vorne.

Die Bauern und Kleinunternehmer (Bauern- Gewerbe- und Bürgerpartei BGB, heute Schweizer Volkspartei SVP) konnten dagegen erst 1929 und die Sozialdemokraten (SP) erst 1943 einen Bundesrat stellen. Seit 1959 schliesslich gilt bis heute die immer wieder in Frage gestellte und doch immer wieder bestätigte "Zauberformel" 2 FDP, 2 CVP, 2 SP, 1 SVP.

Volksinitiative

Ebenfalls 1891 wurde mit einer Volksabstimmung das Recht eingeführt, dass 50'000 (heute: 100'000) Stimmbürger mit einer Unterschriftensammlung eine Änderung der Bundesverfassung verlangen können. Das Parlament kann der Initiative einen Gegenvorschlag gegenüberstellen, über den Vorschlag der Initiative muss aber in jedem Fall abgestimmt werden.

In gut hundert Jahren wurden zwar sehr viele Volksinitiativen eingereicht, das nötige Volks- und Ständemehr erreichten allerdings nur wenige. Da sich das Initiativrecht auf Verfassungsänderungen beschränkt und in der Schweiz Verfassungsrecht - mit Ausnahme der Menschenrechte, die beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg eingeklagt werden können - nicht vor Gericht durchgesetzt werden kann, können Regierung und Parlament selbst angenommene Initiativen wirkungslos machen, indem sie die dazu gehörige Gesetzgebung jahre- und jahrzehntelang verschleppen. Manchmal - so etwa bei der Mutterschaftsversicherung (seit 1945 im Familienschutz - Artikel 34quinquies der Verfassung verankert) - lehnt allerdings das Volk selbst wiederholte Anläufe zu einer konkret anwendbaren gesetzlichen Regelung ab.

Frauenfrage, Frauenstimmrecht

Der erste Frauenverband wurde 1885 in Aarau gegründet, 1894 folgte der Frauenverein Zürich, 1888 der Schweizerische Gemeinnützige Frauenverein. 1897 trat in Genf der erste schweizerische Kongress für die Interessen der Frauen zusammen. 1900 schlossen sich die Frauenorganisationen im Bund Schweizerischer Frauenvereine zusammen. Der Weg zur Gleichberechtigung der Frauen in Politik und Wirtschaft war in der Schweiz besonders lang und steinig. So wurde das Frauenstimm- und Wahlrecht in der Schweiz zwar schon früh diskutiert, eingeführt wurde es aber erst 1971 nach mehreren erfolglosen Anläufen.

Europa im Wandel

Nationalismus und Nationalstaaten

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgte auf das Revolutionsjahr 1848 mit europaweiten bürgerlich - liberalen Erhebungen gegen die noch immer vorherrschende mittelalterliche Standesordnung eine Phase des Nationalismus:

Gemeinsam war all diesen Bewegungen die Idee der Nation: Einheit von ethnischer Abstammung, Sprache, Kultur und - oft, aber nicht immer - Religion nach französischem Vorbild.

Schweiz: Befreiungstradition, Bundesfeier und Landesmuseum

Wo stand die Schweiz in diesem europaweiten Umbruch? Wie stellte sich das mehrsprachige Land zum Trend des späten 19. Jahrhunderts zu sprachlich-völkisch einheitlichen Nationalstaaten? Die Schweiz hatte sich eben erst nach langem inneren Ringen als zweites Land weltweit (nach den USA) eine dauerhafte, moderne demokratische Verfassung gegeben (1848). Die Idee der Nation stand aber quer zum schweizerischen Selbstverständnis, weil sie einerseits dem Gedanken des Föderalismus (weitgehende Selbstständigkeit der Kantone und Gemeinden innerhalb des Bundesstaates) und andererseits den offensichtlichen Unterschieden in Sprache, Kultur, Mentalität und religiöser Konfession widersprach. Wie also reagieren?

Die Schweiz beschloss, den Modebegriff der Nation aufzunehmen, ihm aber eine eigenständige Bedeutung zu geben und erklärte sich flugs zur so genannten "Willensnation", die eben gerade nicht auf der Einheit von Sprache, Kultur und Religion beruht, sondern auf dem gemeinsamen Willen, trotz aller inneren Unterschiede einen gemeinsamen Staat zu bilden statt sich nach nationalen Gesichtspunkten den umliegenden grossen europäischen Kulturnationen anzuschliessen. Als Gemeinsamkeit wurde nun die "Befreiungstradition" mit den Helden Wilhelm Tell, Arnold Winkelried und den glorreichen Schlachten gegen die Grafen von Habsburg hervorgehoben.

Man beachte, dass dies nur hundert Jahre früher gar nicht im Interesse der Regierenden gewesen wäre, denn damals lebte die überwiegende Mehrheit der Schweizer fremdbestimmt unter der Herrschaft von Landvögten, die von den Urkantonen und den wenigen Städten der Alten Eidgenossenschaft gestellt wurden. Selbst in den Städten herrschte eine kleine Minderheit (Adlige Aristokraten, Patrizier oder Zünfte). Nur die Urkantone der Zentralschweiz kannten einfache demokratische Strukturen (Landsgemeinde), beteiligten sich aber wacker an der Unterdrückung der Untertanengebiete. Schon im Bauernkrieg von 1653 (Entlebuch und Emmental) und wieder gegen Ende des 18. Jahrhunderts beriefen sich einzelne Bauern bei Aufständen gegen die Obrigkeit auf die Befreiungstradition und auf Wilhelm Tell (so in Winterthur und in der Waadt), aber ihre Anliegen wurden mit militärischer Gewalt niedergeschlagen.

Nach 1848 aber war die Schweiz auch im Innern wirklich frei und demokratisch organisiert und die Befreiungstradition half im Interesse von Volk und Regierung zur Begründung der "Willensnation". Die Zürcher 500-Jahr-Feier des Beitritts zum Bund 1851 war noch vom Zerwürfnis um den Sonderbund überschattet, und fand ausserhalb Zürichs wenig Anklang. Der herzliche Empfang von 100 Zentralschweizer Schützen durch die Zürcher trug aber immerhin zur Heilung der Wunden des Bürgerkrieges bei. Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft organisierte und finanzierte 1859 den Aufkauf der Rütliwiese für die Öffentlichkeit.

Die Schlachtfeier zum 500. Jahrestag der Schlacht von Sempach 1886 geriet dann zu einer Massenveranstaltung mit rund 50'000 Teilnehmern. Zum 600-jährigen Bestehen der Eidgenossenschaft wurden am 1. August 1891 in der ganzen Schweiz Bundesfeiern veranstaltet, die Hauptfeierlichkeiten fanden in Schwyz statt. Der 1. August wurde zum offiziellen Nationalfeiertag erklärt, ein arbeitsfreier Feiertag ist er allerdings erst seit wenigen Jahren aufgrund einer Volksinitiative. Die Feiern von 1891 fanden breite Beachtung in der Bevölkerung. Ebenfalls 1891 wurde die Errichtung eines Landesmuseums beschlossen. Als Standort setzte sich nach leidenschaftlichen Auseinandersetzungen Zürich vor Bern durch.

Anarchisten in der Schweiz

Anarchisten [Vertreter einer politischen Richtung, die den Staat ganz abschaffen will] wurden in ganz Europa erbittert verfolgt. Einzig in der Schweiz fanden sie im 19. Jahrhundert Asyl. So wurde die Schweiz zu einem Zentrum italienischer, deutscher und russischer Anarchisten, die eine umfangreiche Propaganda [Werbung für ihre Ideen] betrieben. Es kam aber auch zu politisch motivierten (aber deswegen nicht weniger verwerflichen) Gewalttaten, unter anderem 1889 zu Bombenattentaten und 1894 zu Krawallen in Zürich. 1894 wurde das Strafrecht um Straftatbestände von "Verbrechen gegen die öffentliche Sicherheit" ergänzt. 1898 ermordete der italienische Anarchist Luigi Luccheni in Genf die bei ihrem Volk wegen ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit ausserordentlich beliebte österreichische Kaiserin Elisabeth (Sissi).

Der Zionistenkongress in Basel (1897)

In Frankreich warf 1894 der skandalöse Prozess gegen den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus wegen angeblicher Spionage ein grelles Licht auf die Diskriminierung [ungerechte Behandlung einzig aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Minderheit] der Juden in Europa. Der österreichische Jude Theodor Herzl arbeitete in Paris als Journalist und forderte als Abhilfe einen eigenen Staat für die Juden - und zwar in Palästina. Mit seinem Buch "Der Judenstaat" wurde er zum Begründer des Zionismus [jüdische Bewegung für einen eigenen Staat mit Zentrum "Zion" = heiliger Berg in Jerusalem, der Hauptstadt des antiken Israel]. Die Bewegung der Zionisten formierte sich 1897 an einem von Herzl in Basel organisierten Kongress.

Pazifismus und Internationaler Gerichtshof

Nach dem Ende der napoleonischen Kriege entstand 1816 der Pazifismus [von lateinisch "pacificus"=friedliebend]. Diese radikal-idealistische, relgiös-ethisch motivierte Friedensbewegung lehnte jegliche Gewaltanwendung, auch die militärische Friedenssicherung bzw. den Verteidigungskrieg ab. In England (1816 "Peace Society") und Genf (1830) entstanden Friedensgesellschaften, die seit 1848 internationale Kongresse veranstalteten. 1891 wurde in Bern ein Friedensbüro eröffnet. Die führenden VertreterInnen wie die österreichische Schriftstellerin Bertha von Suttner (1843-1914, Roman "Die Waffen nieder" 1889, regte die Stiftung des Friedensnobelpreises an, 1905 Friedensnobelpreisträgerin), der französische Sozialist Jean Jaurès (1859-1914, ermordet) und der Genfer Henri Dunant (1828-1910, Gründer des Roten Kreuzes) übten starken Einfluss auf die europäische Politik aus. Durch eine Konvention [Vereinbarung] von 1899 wurde der ständige Internationale Gerichtshof in Den Haag (NL) mit dem Ziel geschaffen, Streitigkeiten zwischen den Staaten durch ein Schiedsgericht statt Krieg zu lösen.

Die Schweiz schloss 1904 mit Frankreich, Belgien, Grossbritannien, Italien, Österreich-Ungarn, Schweden und Norwegen Abkommen, in denen beide Seiten sich verpflichteten, den Internationalen Gerichtshof als Schiedsgericht anzuerkennen, falls direkte Verhandlungen nicht zu einer Einigung führen sollten. Dies widersprach zwar den alten Grundsätzen der Eidgenossenschaft, keine fremden Richter zu dulden, war aber im Hinblick auf die realen Machtverhältnisse zwischen der kleinen Schweiz und den sie umgebenden Grossmächten sicherlich nicht nur klug, sondern dringend geboten.



Abschliessende Würdigung

Wie an vielen Details gezeigt wurde, waren die Auseinandersetzungen um die staatliche Grundordnung und das Verhältnis von Staat und Kirche - entgegen einer weitverbreiteten Auffassung - ursprünglich keineswegs zwischen Katholiken und Reformierten geführt wurden, wie dies noch in den Glaubenskriegen des 16. und 17.Jahrhunderts der Fall gewesen war. Vielmehr handelte es sich um eine Auseinandersetzung zwischen konservativen [die alte Ordnung bewahrenden] und radikal - liberalen [die Wurzeln der Gesellschaftsordnung in Frage stellenden, freiheitlichen] Kräften beider Konfessionen. Ähnlich wie in der Reformationszeit stammten die Konservativen eher aus ländlichen Gebieten, die Neuerer dagegen eher aus dem städtischen Bildungsbürgertum. Dank des allgemeinen Wahlrechts bestand nun aber in den grossen Kantonen Zürich, Bern, Luzern, Aargau, St. Gallen grob gesehen ein Gleichgewicht zwischen konservativer und liberaler / radikaler Bevölkerung. Die Landbevölkerung war mit den in den 1830-er Jahren erhaltenen Freiheitsrechten auf kantonaler Ebene zufrieden, die Bildungsbürger in den Städten sahen die Unzulänglichkeiten eines lockeren Bundes von Kantonen und erkannten, dass viele Fragen nur in einem grösseren, kantonsübergreifenden Rahmen sinnvoll geregelt werden konnten.

Dabei ist zu beachten, dass die Bundesverfassungen von 1848 und 1874 ohne eine starke zustimmende Minderheit in den so genannt "konservativen" Kantonen keine Chance auf eine Stimmenmehrheit gehabt hätte und umgekehrt in den übrigen Kantonen durchaus eine ablehnende Minderheit vorhanden war. Insofern ist es höchst fragwürdig, von einer Spaltung der Schweiz in eine "reformierte Mehrheit" und eine unterdrückte "katholische Zentralschweiz" zu sprechen. Dass dies dennoch immer wieder gemacht wird, ist entweder der Bequemlichkeit bzw. Oberflächlichkeit der Geschichtsschreiber oder aber bewusster Bemühung eines "Märtyrereffektes" zuzuschreiben, mit dem alle Katholiken zur Solidarisierung mit den konservativen Anliegen gebracht werden sollten. Weil die Gleichung "katholisch = konservativ" noch und noch wiederholt wurde, prägte sie sich auf beiden Seiten in den Köpfen ein - mit dem Effekt, dass bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auch durchaus fortschrittlich gesinnte Katholiken in mehrheitlich protestantischen Gebieten mit dem Vorurteil rückständig und unzuverlässig (im Sinne von: dem Bundesstaat und seinen demokratischen Spielregeln nicht treu) zu sein belegt und oft bei der Vergabe von Führungspositionen diskriminiert [benachteiligt] wurden.

Für den Aufschwung der Wirtschaft war der Wegfall der Binnenzölle (Zölle innerhalb der Schweiz) und die Vereinheitlichung von Mass, Gewicht und Währung absolut notwendig. Man sollte sich dies vor Augen halten, wenn heute über das Verhältnis zur Europäischen Union diskutiert wird. Umgekehrt hat man nach Volksabstimmungen auch heute noch den Eindruck, dass der Schritt vom Staatenbund zum einheitlichen Bundesstaat in den ländlichen Kantonen der Voralpen und Alpen bei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung innerlich noch nicht wirklich nachvollzogen ist, obwohl die ganze Bevölkerung mit der grössten Selbstverständlichkeit von den wirtschaftlichen Früchten dieses Wandels und von der Möglichkeit profitiert, ohne Verlust der politischen Rechte den Wohnsitz innerhalb der Schweiz frei zu wählen.

Andererseits gilt es zu beachten, dass nach aller Erfahrung mit Demokratie die Überlegenheit dieser Staatsform gegenüber anderen Staatsformen gerade auf der Tatsache beruht, dass sie auf der Gewaltenteilung und weiteren Kontrollmechanismen beruht, die keine einzelne Person oder Partei allzu mächtig werden lassen. Die US-amerikanische Verfassungslehre spricht in diesem Zusammenhang von "checks and balances". Wo diese fehlen (z.B. in der französischen Revolution oder in der "Weimarer Republik" in Deutschland nach 1918) ist der Weg in eine Diktatur leider meist recht kurz. Auch in der Schweiz des 18. Jahrhunderts musste sich bei der "classe politique" und im Volk das Gespür dafür erst nach und nach herausbilden. Insofern verdanken wir die heute noch gültige und sehr bewährte Bundesverfassung eben nicht nur ihren geistigen Vätern und ihren Parteigängern, die ihr an der Urne zum Durchbruch verholfen haben, sondern auch jenen Leuten, die erste Anzeichen von Verfilzung zwischen Wirtschaft und Politik schnell erkannten und ein Stück weit auch ihren konservativen Gegnern, ohne deren Widerstand die politischen Umwälzungen wohl nur allzuschnell in eine neue Diktatur ausgeartet wären.

Mit dieser Überlegung sind wir beim aktuellen Geschehen in unserem Nachbarland Italien angelangt, wo der Unternehmer Silvio Berlusconi nicht nur Mühe bekundet, Politik und private Geschäfte auseinander zu halten, sondern im Herbst 2002 eine Justizreform durchgedrückt hat, die mit Rückwirkungsklauseln darauf abzielt, für sich und seine Firmen in diversen laufenden Prozessen Straffreiheit zu erlangen. Im Sinne der "checks and balances" ist dies eine höchst bedenkliche Entwicklung und man begreift, weshalb die übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nicht nur ein Recht, sondern geradezu eine Pflicht haben, dagegen ihre Bedenken anzumelden. Gut gibt es die EU, die eine solche Einflussnahme in die angeblich "inneren Angelegenheiten" eines anderen Staates einfacher macht!



Literatur und Links zur Schweizer Geschichte - Kulturkampf und direkte Demokratie:



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